Unsere Kinder werden irgendwann eigenständiger – das ist gut so, dennoch haben viele Eltern auch Angst. Angst, ob der Gang über die Straße zu gefährlich werden könnte, Angst, dass dem Kind etwas Schreckliches passieren könnte, Angst, dass das Kind zu viel auf ein Mal tun möchte. Natürlich ist ein gesundes Maß an Angst richtig, doch versuchen wir oftmals das Kind zu sehr zu beschützen, dabei kann nicht unbedingt immer vorteilhaft sein.
- Bin ich allein mit meinen Bedenken?
- Sind in „Watte gepackte Kinder“ ängstlicher?
- Wie kann man seinem Kind die Ängste nehmen?
- Welche Grundsätze kann ich mir selbst auferlegen, damit mein Kind stark wird?
Bin ich allein mit meinen Bedenken?
Viele Eltern lassen ihre Kinder nicht allein raus – etwa 70% aller Eltern im deutschsprachigen Raum haben Bedenken – in den 70er Jahren gingen noch neun von zehn Erstklässlern ohne erwachsene Begleitung in die Schule. Im Jahr 2000 halbierte sich diese Summe.
Heutzutage läuft längst nicht mehr alles ohne Plan ab: Verabredungen werden lange im Voraus geplant, Eltern organisieren, was nachmittags unternommen wird, per Handy können Kinder unter bestimmten Voraussetzungen geordnet werden und alles unter der Prämisse: wir haben alles unter Kontrolle! Warum all die Angst? Das Kind kann zu viel Unfug treiben, sich verletzten, ausreißen – oder verschleppt werden. 66% Prozent aller Eltern sind der Ansicht, dass sich die Zahl der Sexualverbrechen in den letzten Jahren erhöht hat. Laut Statistiken gingen zwar die Verbrechen in den letzten 50 Jahren zurück, was natürlich nicht bedeutet, alle Vorsicht fahren zu lassen. Dennoch bleibt eine Frage offen: warum haben wir soviel mehr Angst als unsere Eltern oder Großeltern?
Wir hören und lesen viel – Zeitungen, Radio und Fernsehen sind die beliebtesten Medien – auch das Internet trägt das Seinige dazu: wir erfahren alles über die schrecklichsten Taten, in den haarkleinsten Detail. Ein Horror, den unsere Eltern und Großeltern aufgrund des großen Medienaufkommens nicht erleben mussten. Wir wollen einfach alles richtig machen, unsere Kind schützen und das Beste bieten. Auch das war in den 50er und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts noch anders: hier ging es darum, den Alltag zu bestreiten und die Familie über die Runden zu bekommen. Heute steht Erfolg, Selbstverwirklichung und Glück an erster Stelle mit allen dazugehörigen positiven und negativen Folgen.
Sind in „Watte gepackte Kinder“ ängstlicher?
Früher hatten viele Familien eine ganze Horde von Kindern zu versorgen – heute ist ein Einzelkind oder zwei Kinder pro Familie die Regel. Durch diese mangelnde Masse werden Kinder automatisch zu etwas Besonderem. Man möchte sie behüten und beschützen. Doch in diesem Wahn, alles Erdenkliche für seine Kinder zu tun und zu schaffen, setzen sich Eltern auch enorm unter Druck. Diese Erziehung kann jedoch zur Folge haben, dass sich die Angst der Eltern auf die Kinder projiziert. Trennungsängste, Schulangst oder allgemeine Ängstlichkeit werden zum Alltag.
Wie kann man seinem Kind die Ängste nehmen?
Natürlich lauern überall Gefahren – dennoch sollten diese Ängste weder den Alltag der Eltern noch die der Kinder bestimmen. Es ist viel wichtiger, dass man versucht Gedanken an Missbrauch und Unfälle zu verdrängen und sein Kind irgendwann die eigenen Schritte tun lassen sollte. Ein Kind muss lernen, dass seine Eltern ihm vertrauen. Wie dieses Vertrauen aussieht, bleibt jedem Elternteil selbst überlassen. Vielleicht lassen Sie Ihr Kind demnächst mal allein das Klettergerüst auf dem Spielplatz erkunden oder warten draußen auf Ihr Kind beim Bäcker, so dass es die Brötchen für das Abendbrot allein bezahlen kann.
Neben all diesem Wissen müssen wir natürlich auch unsere Kinder stärken. Sie sollen begreifen, dass die Welt schön und voller Überraschungen steckt, dennoch muss es auch die Gefahren erkennen lernen. Denn eines ist sicherlich klar: man kann sein Kind nicht non-stop beschützen, sondern lediglich stark machen. Dies kann unter anderem bewältigt werden, indem man seinem Kind auch etwas zutraut, ihm Aufgaben zuteilt und Gelegenheit bietet, stolz auf sich zu sein.
Welche Grundsätze kann ich mir selbst auferlegen, damit mein Kind stark wird?
- Kinder brauchen Freiräume, um sich gesund entwickeln zu können.
- Das Kind muss immer Bescheid sagen, wo es sich gerade aufhält.
- Das Kind muss sich an vereinbarte Zeiten halten.
- Es geht am besten immer die gleichen Wege, am besten auch immer gemeinsam mit anderen Kindern.
- Nur ganz bestimmte Menschen dürfen das Kind von der Schule abholen.
- Das Kind muss natürlich auch lernen, dass es nicht nur gute, sondern auch böse Menschen gibt. Es darf niemals zu Fremden ins Auto steigen.
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