Schwangerschaft und Geburt sind nun vorbei und ein neuer Erdenbürger hat das Licht der Welt erblickt. Einer Zeit der uneingeschränkten Freude steht nichts im Wege – sollte man meinen. Tatsächlich erleben knapp die Hälfte aller Frauen in den Tagen und Wochen nach der Geburt mehr oder weniger starke seelische Veränderungen, die in starkem Widerspruch zum freudigen Anlass der Geburt stehen. Wie aber entstehen diese? Und wie kann man den Betroffenen helfen?
Bei den affektiven Veränderungen nach der Geburt unterscheidet man zwischen zwei Formen:
1) Postpartales Stimmungstief, auch „Babyblues“ genannt:
Diese Erkrankung betrifft etwa 50% der frischgebackenen Mütter und umfasst Symptome wie Stimmungsschwankungen oder Gefühle der Traurigkeit und Überforderung. Sie dauert Stunden bis Tage und klingt spontan wieder ab.
2) Postpartale Depression (PPD): Die Dauer dieser Erkrankung beträgt zwei Wochen bis mehrere Monate und ist behandlungsbedürftig. Sie tritt meist innerhalb des ersten Jahres nach der Geburt auf.
Ursachen einer postpartalen Depression
Als Ursache einer Wochenbettdepression bzw. einer postpartalen Depression vermutet man den signifikanten Abfall des Progesteron- und Östrogenspiegels nach der Geburt. Als wichtiger Risikofaktor gilt auch eine affektive Störung in der Familienanamnese. Ebenso können ein Mangel an sozialer Unterstützung, zum Beispiel durch den Partner, sowie soziale Isolation eine PPD begünstigen. Gibt es außerdem in der Vorgeschichte der Betroffenen das Auftreten von Angstsymptomen oder Depression, könnte dies die Erkrankung an einer PPD ebenfalls fördern.
Die Symptome einer postpartalen Depression können vielfältig sein und umfassen:
• Gedrückte Stimmung, Traurigkeit
• Gefühl der Leere
• Freudlosigkeit
• Schlafstörungen
• Erschöpfung
• Antriebs- und Energiemangel
• Verringerte Konzentrationsfähigkeit, verminderte Aufmerksamkeit
• Interessenverlust
• Appetitminderung oder -verlust
• Schuldgefühle, Wertlosigkeitsgefühle
• Zwangsgedanken
• Im schlimmsten Fall Suizidgedanken, die suizidalen Handlungen nach sich ziehen können
Eine postpartale Depression besteht dann, wenn fünf oder mehr dieser Symptome über einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen vorhanden sind, wobei eines dieser Symptome Freudlosigkeit, Interessenverlust oder gedrückte Stimmung ist.
Da eine postpartale Depression die Gefahr einer Chronifizierung birgt, ist es wichtig, Anhaltspunkte frühzeitig zu erkennen und den betroffenen Frauen Therapie- und Unterstützungsangebote zukommen zu lassen.
Als Mittel der Wahl bei postpartalen Depressionen gilt die Psychotherapie (Gesprächstherapie). Besteht eine schwere Form der PPD, kann der behandelnde Arzt eine medikamentöse Therapie, beispielsweise mit Antidepressiva, in Betracht ziehen. Da manche dieser Medikamente in die Muttermilch übergehen, kann es notwendig sein, dass die Betroffenen mit dem Stillen aufhören. Viele Frauen möchten jedoch stillen und erleben dies als etwas Schönes und Intimes für sich und ihr Baby. Sie können unter Umständen große Schuldgefühle einwickeln, wenn sie aufgrund einer Medikamenteneinnahme abstillen müssen oder die Möglichkeit besteht, durch die Muttermilch ihr Baby zu belasten.
Im Zusammenhang mit der postpartalen Depression stellen sich auch folgende Fragen:
Was sind die langfristigen Folgen der PPD für die Entwicklung des Kindes? Welche Rolle kommt der frühen Mutter-Kind-Interaktion zu?
Durch die psychische Erkrankung der Mutter können Aspekte der Mutter-Kind-Beziehung betroffen sein. Es wird vermutet, dass die psychischen Erkrankungen in der Phase nach der Geburt die Interaktion zwischen Mutter und Kind sowie die spätere emotionale, kognitive und soziale Entwicklung des Kindes beeinträchtigen können. Daher kann es sinnvoll sein, das Kind in der Behandlung von postnatalen Störungen in die therapeutischen Sitzungen miteinzubeziehen.
Zusätzlich zu einer psychiatrischen und psychotherapeutischen Betreuung können diese Maßnahmen hilfreich sein:
Soziales Netzwerk: Wichtig für frischgebackene Mütter ist Entlastung und Unterstützung im Alltag. Hier sind Partner, Familie und Freunde gefragt: Das Umfeld der Mutter wird im Idealfall von Anfang an in die Babypflege und -betreuung miteinbezogen, sodass für die Mutter ausreichend Ruhe- und Regenerationsphasen bleiben. Ausreichend Schlaf ist für Mütter wichtig, da Schlafmangel die Symptome einer PPD meist noch verschlimmern kann.
Erste Anzeichen: Bemerkt die Mutter erste Anzeichen wie Überforderung und große, anhaltende Traurigkeit, sollte sie umgehend einen Arzt konsultieren. Auch der Besuch von Selbsthilfegruppen kann bei PPD hilfreich sein.
In jedem Fall bietet https://www.familienberatung.gv.at/beratungsstellen/ eine Datenbank des Bundeskanzleramtes, in der österreichweit nach geförderten Familienberatungsstellen gesucht werden kann. Diese bieten kostenlosen Rat und Hilfe in unterschiedlichsten Lebenssituationen und Fragestellungen, wie zur Pflege des Babys, Schulden oder Essstörungen.
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