Das Ende der Schwangerschaft bringt bereits einen Einblick in die Zukunft. Der Mann ist körperlich in der Arbeit, gedanklich aber oft zu Hause bei der Frau und dem Baby im Bauch. Zu Hause geistert ihm vielleicht noch die Arbeit im Kopf herum und was er alles vor der Geburt noch erledigen muss, damit er danach zumindest eine bestimmte Zeit daheim sein kann.
Vereinbarkeit von Familie und Beruf wurde Jahrzehnte lang als reines Frauenproblem behandelt. Doch ein Kind zu bekommen bringt für Mütter, wie für Väter das Problem der Vereinbarkeit mit sich. Allerdings gibt es einen wesentlichen Unterschied: während die Mütter Gefahr laufen, die Verankerung im Berufsleben zu verlieren, besteht bei Vätern die Gefahr, die Verankerung im Familienleben zu verlieren. Denn Vater sein bedeutet nach wie vor zum Großteil Geld für die Familie zu verdienen. Jeder Mann will heutzutage ein guter Vater werden und Zeit mit seinen Kindern verbringen. Nach den ersten Wochen und Monaten verbringen sie aber statistisch mehr Zeit in der Arbeit, als vor der Geburt. Zumeist mit der Einstellung: „Ich mache das alles doch nur für meine Familie“. Der Kabarettist Rudi Weiss bringt diese Spannung folgendermaßen auf den Punkt:
Arbeiten Männer zu viel, sollen sie sich mehr um ihre Familie kümmern.
Arbeiten Männer zu wenig, sollen sie sich mehr um ihre Familie kümmern.
Familie und Beruf – eine verzwickte Situation für den Mann
Tatsächlich ist es nicht einfach und viele Männer bewerten sich in diesem Spannungsfeld als schlechte Väter. Durch politische Forderungen, wie z.B. jener nach einem „Papa Monat“, ist der Wunsch vieler Väter in letzter Zeit auch in die öffentliche Diskussion gerückt. Letztlich liegt es natürlich in der Verantwortung jedes einzelnen, wie er diese einmalige Lebensphase ausfüllt, ob er aktiv eine Beziehung zu den Kindern aufbaut, bzw. wie er den Kontakt mit ihnen gestaltet. Es zahlt sich aus, sich aktiv um diese Beziehung zu bemühen. Allzu oft wird das von uns Männern den Frauen überlassen, und nicht selten hört man in Beratungsgesprächen den Satz: „Erst seit ich geschieden bin und meine Kinder nur mehr am Wochenende sehe, mache ich mir Gedanken, wie ich meine Beziehung zu ihnen gestalte“. Beziehung ist aber mehr als action und fun, Ausflüge und Abenteuerspiele. Kinder sollten erleben, wie ihr Vater als Mann seinen Alltag meistert und wie es ihm dabei geht. Das fehlt vor allem den Buben und ist ein großes Problem auf ihrem Weg zum Mann.
Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr
Verbringen Sie ganze Tage mit Ihren Kindern ohne die Mutter! Das kann man auch mit einem Fulltimejob und zumindest stundenweise, auch wenn sie noch ganz klein sind. Sie werden erleben, dass das ihre Beziehung stärkt, und zwar nicht nur die zu ihren Kindern. Fordern Sie das, wenn nötig, von Ihrer Partnerin ein. Und dann erleben Sie als Mann, wie es ihnen gut tut, sich nicht nur auf das Berufs-Mann-Sein zu beschränken. Es ist Ihre Entscheidung!
Autor: Dr. Richard Schneebauer
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